Drachen zähmen leicht gemacht!

Es war einmal ein alter Drache…

…der heißt Moppel und ist ungefähr um die Zeit herum bei mir eingezogen, als “die Hexe, die nie da ist”, ihre Bude in meinen Vorgarten gesetzt hatte. Ich meine mich zu erinnern, dass sie ihn in Bremen eingesammelt hat. Er war dort versuchsweise Mitglied einer tierisch interessanten Band aber irgendwer wollte ihm ans Leder, weil er nicht schön genug sang – also nahm sie ihn kurzerhand mit sich. Das Tierchen ist herzensgut und passt seitdem bei uns auf die Hühner auf. Davon einmal abgesehen, brennt es für Fußball! Damit habe ich nun wieder weniger am Hut, aber so lange Moppel mir das “Raphuhn” vom Hals hält, darf er mit den Apfelsinen machen, was immer er will. Übrigens hat er bei uns wieder richtig Farbe bekommen! Als alter Drache lebt er schon sehr lange auf dieser Welt und kennt sich aus. Bleich wird er, wenn er hört, was manche Leute über Klimaschutz denken, denn den hält er für sehr wichtig.

Gelegentlich kommt ein anderer Drache auf Besuch und fackelt Teile des Gartens ab,  aber sonst gab es eigentlich nie viel Aufregung. Wenn der Besuch frech wird, hohle ich meinen Drachenhandschuh heraus und drohe ihm damit, dass wir ihn zu einer hübschen Handtasche verarbeiten könnten. Oder zu einem Portemonnaie aus Drachenleder. Meist reicht das. Und wenn nicht – mit Eiern könnt ihr fast jeden Drachen rumkriegen…außer Moppel – der will Apfelsinen!

Und dann kam der Tag, der alles änderte!

Meine Kollegin Filzfrieda aus Schwerte fand eines Morgens ein putziges kleines Kerlchen namens Dieter Drachenherz in ihrem Atelier vor. Schon kurz darauf tummelten sich zahlreiche weitere kleine Drachen in ihren Wollkörben, und sie veröffentlichte Bilder davon im Internet. Ich war neugierig geworden, fuhr hin…und ihr ahnt es schon…kam mit Glühwürmchen zurück, meinem persönlichen Drachen. Ein süßes Vieh, aber ziemlich zudringlich. Ich kann es nicht leiden, wenn er immer wieder versucht, mir die Nase abzuschlecken. Hinterher fühlt sich das immer an wie Sonnenbrand!

In Filzateliers kannte sich Glühwürmchen ja bereits bestens aus…

…er wusste, dass Wolle Gott sei Dank nicht so schnell brennt, es aber dennoch besser ist, keine Feuerwölkchen zu spucken, denn die Düwis wurden dann immer sehr ärgerlich mit ihm! Vielleicht hatten sie in Wirklichkeit auch immer ein wenig Angst. Mein kleiner Drache versuchte mit Moppel anzubändeln, aber der hatte nur Augen für seinen Fußball. Immerhin fand Glühwürmchen ein kuscheliges Nest in einer Tasche, die ich Gott sei Dank die nächsten Monate nicht brauchen werde. Einmal habe ich ihn erwischt, wie er in der Küche versuchte, mit einer Mango Fußball zu üben. Moppel hat ihm aber erklärt, dass man damit nur Rugby spielen könne und das sei ihm als Feingeist zu brutal.

Was würdet Ihr mit einem niedlichen kleinen Drachen machen, der sich zu Hause langweilt?

Ich habe ihm versprochen, dass ich ihn mit in die Schule nehme und er dort Modell stehen darf. Das fanden übrigens auch die Kinder dort ganz toll! Im Handumdrehen hatten wir eine ganze Drachenfamilie zusammen und alle sind sie ähnlich verschmust wie mein kleiner Drache.

Gestern hatten die Drachenbabys ihre erste Flugstunde!

Anfangs mussten wir ein bisschen nachhelfen und ihnen zeigen, wie es geht. Auch Glühwürmchen hat immer wieder tapfer vorgemacht, wie man sich in die Lüfte schwingt.

Anfangs wollten sie nicht einmal von einem Baum herunter, aber eine Stunde später hingen schon alle am hinteren Zaun und wir konnten sie gerade noch daran hindern, das Schulgebäude zu verlassen!

Ich musste den Nachwuchs noch auf ein Foto mit nach Hause nehmen…

Wenn ich vorher gewußt hätte, was da auf mich zukommt – möglicherweise hätte ich es gelassen. Vor allem die Zwillinge haben sich aufgeführt, als wären sie hier zu Hause! Gut, dass “die Hexe, die nie da ist” mal wieder nicht da war. Aber so konnte ich mir leider auch keine Eier bei ihr leihen. Meine sind kürzlich alle zu Humpty Dumtys geworden.

Als die Kleinen im Garten miteinander tuschelten, dachte ich mir noch nichts dabei…

Aber kurz drauf schon tanzten sie auf dem Tisch Polonaise! Sie knabberten nicht nur am giftigen Efeu, sondern machten sich auch über die Blumentöpfe her und mein Gartenpersonal sah seelenruhig dabei zu – Welpenschutz murmelte es. Meinen Misthaufen muss ich dieses Jahr nicht mehr umgraben, das haben die Drachenbabys getan. Erbse sah als erstes die Eierschalen, die dort lagen. Alle hielten inne, ein Glitzern leuchtete in ihren Augen auf und dann ging es los. Ich stelle mir vor, wenn ihr einen blutigen Finger in ein Aquarium voller Piranhas haltet, dann geht es vermutlich ähnlich turbulent vor…

Allmählich wurde aber klar, dass die Drachenbabys noch etwas anderes im Schilde führten! So wie die auf der Lauer lagen und vor allem Moppel beobachteten, der ihnen bislang wenig Interesse entgegengebracht hatte!

Und als die Gelegenheit günstig war…

…lenkte Glühwürmchen ihn ab und der rote Blitz schoss aus dem Gebüsch nach unten und schnappte sich die Apfelsine. Eines muss man ihm lassen: fliegen hatte er innerhalb kürzeste Zeit gelernt! Als Moppel bemerkte, dass das Obst verschwunden war, wurde er sehr traurig. Und die Kleinen? Hatten sie ein schlechtes Gewissen? NEIN!

“Dein Fußball ist weg? Das ist ja schrecklich! Du armer armer armer alter Drache…komm, lass dich trösten!”

Wie die blühende Unschuld standen sie da vor ihm, während die Apfelsine im Gebüsch versteckt lag. Aber Moppel wollte weder Polonaise tanzen noch den Rücken gekrault bekommen.

Dann rückten die Drachenbabys damit raus, was sie wirklich wollten: “Moppel, du bist doch schon soooooo alt und wohnst schon so lange in diesem Garten. Kannst du ihn uns nicht zeigen und uns die Pflanzen erklären? Wo finden wir Flugkraut, damit wir schneller fliegen können? Und wo ist das Efeu besonders giftig und lecker? Damit hatten sie ihn! Moppel vergaß seinen Fußball und machte sich mit den kleinen Drachen auf die Reise. Er erklärte ihnen wirklich alles und als er nebenbei im Gebüsch seinen Fußball entdeckte…da schmunzelte er und sagte: “Und jetzt gehen wir die Hexe suchen, die nie da ist!”