gefilzte Bilder einer Ausstellung von Mussorgski in der Grundschule in Angermund

Bilder einer Ausstellung oder vom Spielen als Kunst

“Was machen die da bloß?”, mag sich manche Familie gefragt haben, wenn die Kinder damals aus der AG berichtet haben. Wenn dieselben mit einer tollen Handpuppe nach Hause kommen, dann ist den meisten klar, was ihre Kinder geleistet haben. Aber dieses wirre Zeug? Wozu soll das gut sein?

Ursprünglich für eine Projektwoche geplant, die gerüchtehalber “irgendwas mit Musik zu tun haben wird”, griff ich wie schon andere vor mir die Idee auf, Mussorgskis musikalische Bilder in einem neuen Medium auszuprobieren oder anders ausgedrückt:

Tanz der Küken in ihren Eierschalen

Ein inzwischen toter aber berühmter russischer Komponist namens Modest Mussorgki  (1839-1881) hat sich vor langer Zeit die Bilderausstellung eines Freundes angeguckt, der gerade gestorben war. Gerüchtehalber waren die Bilder nicht so doll, aber aus irgendwelchen Gründen – manche sagen wegen eines schlechten Gewissens – hat Mussorgski sich gedacht: Aus den Bildern mache ich jetzt mal Musik, sozusagen musikalische Bilder (ich habe gehört das heißt dann Impressionistische Musik). Diese tolle Musik haben wir uns während des Projekts Woche für Woche angehört und uns von ihr zum Spielen inspirieren lassen.

Es ging hierbei nicht um Faktenwissen. Es ging um kreative Prozesse.

Wie kommen Künstler eigentlich auf ihre Ideen? Was für Tricks kann ich selbst ausprobieren, wenn mir mal gar nichts einfallen will? Was mache ich, wenn meine darstellenden Fähigkeiten noch nicht ausreichen, ich mich davon aber nicht hindern lassen will? Ist eigentlich jeder Mensch ein Künstler, wie ein berühmter Düsseldorfer, der Filz liebte, immer wieder behauptet hat? Und kann man Kreativität lernen oder muss man nicht vielmehr das Gegenteil tun: einfach mal Spielen?

Muss man vor Kunst Angst haben? Oder vor dem leeren Blatt/Vorfilz? Es war mal wieder Zeit für das wunderbare Bilderbuch “Der Punkt”, in dem uns die kleine Ina vor Augen führt, was ein angeblich unbegabter Mensch alles zustande bringt, wenn er nur ein wenig Ermutigung erfährt.  Mussorgskis Musik war als Orchestereinspielung vorhanden und von Miro haben wir uns noch fröhlichere Bilder besorgt als die, die sich damals viele von uns in der Düsseldorfer Ausstellung angeguckt haben. Aus diesen beiden Polen eröffneten wir ein kreatives Dreieck, indem wir uns einbrachten und die Ergebnisse sind sehr erfreulich.

Bydlo – der Ochsenkarren

Da ich kein ausgebildeter Pädagoge bin, schaue ich immer was möglich ist und stelle dann immer wieder erstaunt fest, dass a) viel mehr möglich ist als allgemein angenommen wird und b) dass einzelne Kinder großartige von der Norm abweichende Leistungen erbringen, wenn man sie nur ermutigt und gewähren lässt.

Und nun wollte ich die Kinder dazu bekommen, dass sie ganz in ihrem Tun versinken, statt sich den Kopf zu zerbrechen, wie es weitergeht. Lass die Hand für dich malen. Lass deine Hände die Wolle auslegen.

Die Musik auf sich wirken lassen Teil 1

Nachdem wir insbesondere den energiegeladenen “Gnom” und “Das alte Schloss”, einen deutlich ruhigeren Titel kennengelernt hatten, durften sich die Kinder eines der Bilder als Aufgabe nehmen und einen Entwurf malen. Das machen wir häufig, bevor wir beim Filzen größere Projekte angehen, und in diesem Fall war es einfach das “schnellere” Medium.

Die meisten Kinder wählten den Gnom und schon bei diesen ersten Entwürfen sieht man, dass es Kinder aus unterschiedlichen Jahrgängen waren.


Die Musik auf sich wirken lassen Teil 2

Zu einem späteren Zeitpunkt haben die Kinder versucht, die Musik, die sie hörten, in Linien zu übersetzen (so wie Mussorgski die Bilder in Musik übersetzte). Man sieht den Zeichnungen an, dass die Stücke sehr energiegeladen sind und dass wir uns im Werkzeugkasten von Miro umgeguckt haben.

Stilmittel bei Miro und Filzhandwerk

Wir haben festgestellt, dass Miro selbst bei “fröhlichen Bildern” nur sehr wenige grelle Farben aber viel grau-braune sich verändernde Flächen gemalt hat. Eine gute Gelegenheit, um das Kardieren von Hand wie auch mit der Kardiermaschine kennenzulernen! Filzen und Malen hat sich damals immer wieder abgewechselt. Und jetzt hatten wir auch schon mal einen Teil dessen erkannt, was uns zuvor so gut gefiel: der Mengenkontrast, der Farbe-an-sich-Kontrast und der Qualitätskontrast. Ich bin ziemlich sicher, dass wir auch noch über Farbkreis und Kalt-Warm-Kontrast gesprochen haben, aber ohne diese ganzen Begriffe. Wen es interessiert, der kann hier weiterlesen.

Während des Workshops haben wir unsere Farbpalette bewusst auf die Farben begrenzt, die wir in den Bildern von Miro entdeckt hatten. Aus Vorfilzen und verschiedenen Wollformen konnten dann später die Bilder gefertigt werden.

Die nächste Filzarbeit sollte schon ein “richtiges” Bild werden und keine freie Skizze mehr. Inhaltlich beschäftigten wir uns inzwischen mit weiteren Musikstücken des Werks und bald schon stellte sich heraus, dass die Hexe Baba Yaga in ihrer Zwielichtigkeit eine enorme Anziehungskraft ausübte. Übrigens scheint es Sie wirklich gegeben haben, fand ich doch in Schweden ihr Haus!

Die Hexe ist Dir zu schwierig? Dann guck doch einfach noch mal bei Miro ab und wähle ein Symbol. Buchstaben? Ja klar, warum nicht ein H?

Ich fand die Arbeiten der Kinder superspannend! Ahnen Sie, wieviel passiert ist, bevor sie entstanden?

Konzentration und Spaß trotz großer Herausforderung: meditatives Nachfilzen von “Miroschnipseln”

Nach einer s/w-Kopiervorlage zu Miro (Quellenangabe ergänzen) habe ich die Kinder mit Vorfilz und schwarzen Wollfäden abstrakte kleine Motive nachlegen lassen. Die größte Herausforderung lag darin, dass die Kinder die Proportionen richtig einschätzen und den Vorfilz passend zuschneiden mussten. Was sich zunächst als riesige Schwierigkeit darzustellen schien, entpuppte sich unerwarteter Weise als riesiger Spaß. Die Gruppe wollte freiwillig eine weitere Stunde mit diesem Thema zubringen.

Abschlussarbeiten

Für die deutlich größere Abschlussarbeit wollte ich die Kinder erneut irritieren, um ihre Kreativität zu fordern. Jedes musste seine “Miroschnipsel” verwenden, auch wenn das Thema/Musikstück des Bildes frei gewählt werden durfte. An Vorfilzfarben lag schon die ganze Zeit das schmale Farbspektrum bereit, das wir bei Miro entdeckt hatten und wie man fließende Hintergründe herstellt, das hatten wir ja schon beim Kardieren gelernt.

Das alte Schloss

Die Baba Yaga

Bydlo – Der Ochsenkarren

Der Gnom

Tanz der Küken in ihren Eierschalen

Bydlo – der Ochsenkarren

Filzbilder für eine Ausstellung

Dem Umzug der gesamten Schule geschuldet, fiel die Ausstellung etwas kurz aus, aber zum Martinsfest 2015 konnten wir die kleinen Filzgemälde präsentieren und etwas später im kleineren Rahmen auch die großen Werke. Vor der Ausstellung am Martinstag malten die Kinder mit Begeisterung Plakate, die auf den Werkraum hinweisen sollten. Wir hatten viele Besucher und eine weite Reise hinter uns.

Da der Gnom und die Baba Yaga mit Abstand die beliebtesten Themen waren, hatten wir den Raum dieses Jahr im Halloween-Stil dekoriert und in den anderen Filzgruppen Fledermäuse und Gespenster gefilzt. Auch diese haben es z.T. auf die Plakate geschafft.