Filzanleitungsseite

Filzanleitungen

Hier finden Fortgeschrittene zunächst mit Zustimmung des Verlags ein paar konkrete Projektanleitungen, die ich in der Fachzeitschrift Verfilzt und Zugenäht veröffentlicht habe. Weiter unten finden Anfänger eine Filzanleitung für das Arbeiten mit Kammzug.

Lotusschalen für den Sommer und in einer Adventsvariante

Schmucksäckchen hergestellt mit Hilfe der Kirschkerntechnik


Filzanleitung für Anfänger

Es wird kein Zufall sein, dass das Filzen eine so uralte Technik ist. Man braucht nicht viel dafür. Im Grunde genommen reichen Wasser, Wolle und Walken…so versteht man schnell, warum der Filz angeblich auf der Arche Noah erfunden worden sein soll: Regen, Tierhaare und gelangweiltes Gestampfe auf dem Boden. So kühn diese Erklärung anmutet – wie soll Noah den Lärm anders überlebt haben als nachts unter einem dicken Filzteppich, der den Lärm des Weltengetiers deutlich dämpfte?

Es gibt viele nützliche Hilfsmittel. Als Grundausstattung empfehle ich Ihnen die folgenden Dinge:

Eine Grundausstattung

  • Wasserschüssel und Küchenhandtücher
  • Bonsaidusche oder  Bügelwasserflasche
  • echte Olivenseife (Savon de Marseille)
  • ein Fliegengitter aus dem Drogeriemarkt
  • Merinovlies und ein, zwei Merinokammzüge
  • ggf. wasserfeste Folie zum Abdecken der Arbeitsfläche
  • feste Noppenfolie aus dem Baumarkt als erste Unterlage sowie für Schablonen

Das pflegt die Hände schon beim Filzen…

Nochmal: Ich empfehle ausschließlich Dinge auf dieser Webseite, von denen ich überzeugt bin und ich erhalte dafür kein Geld.

Seit vielen Jahren filze ich ausschließlich mit reiner Savon de Marseille. Der Unterschied liegt auf der Hand: Zwar ist der Name nicht geschützt, aber die echten Produkte beinhalten nichts als mindestens 72% reines Olivenöl plus Soda, das aus Salz hergestellt wird. Vier Tage lang wird die Seife gesiedet, bevor sie mit einem Granitmühlstein gepresst wird.

Seife, die sich Olivenseife nennt, ohne dem o.g. Reinheitsgebot zu entsprechen, enthält z.B. Palmöl, Kokosöl oder schlimmeres. Meine Haut ist empfindlich und mit “normaler Kernseife” habe ich sie mir schon einmal blutig gefilzt. Mit Savon de Marseille ist mir das noch nie passiert, obwohl diese Seife von der Bezeichnung her auch in die Kategorie “Kernseife” fällt. Es gibt sie in Block- Schnipsel- oder in flüssiger Form. Zum Filzen ist der Block am geeignetsten.

Das Auslegen von Kammzug

Sie schützen Ihren Tisch mit der Folie und legen darauf die Noppenfolie, die den Filzprozess in vielfältiger Weise unterstützen kann. Alternativ können Sie mit Filzmatten arbeiten. Auf dem nächsten Foto liegen kleine Filzmatten auf preiswerten Schuhablagen, die ich beim Discounter erstanden habe. In meinem Buch beschreibe ich diverse Alternativen.
Sie legen dann die Wolle in dünnen Schichten dachziegelartig auf die gewünschte Fläche aus. Dachziegelartig bedeutet – die Stücke überlappen einander. Dafür zupfen Sie mit der ganzen Hand ganz vorsichtig soviel Wolle ab, wie sich freiwillig hergibt. Es ergibt keinen Sinn, die Wolle mit Gewalt abrupfen zu wollen. Erstens funktioniert das nur sehr bedingt und zweitens gibt es keine schönen Ergebnisse. Man kann den Kammzug nur abziehen, wenn die Hände dafür weit genug auseinander gehalten werden. Greift man zu eng, erwischt man die gleichen langen Wollsträhnen mit beiden Händen und versucht vergebens, die Haare in der Mitte durchzureißen. Hierbei merkt man dann, wie stabil Wolle ist!

Ist die erste Schicht Wolle ausgelegt, wird die zweite Schicht um 90 Grad versetzt darübergelegt. Viele dünne Schichten sind besser als wenige dicke Schichten. Es ist wie beim Sperrholz: viele versetzte dünne Lagen ergeben ein sehr stabiles Ganzes.
Auf diese Weise wird die ganze benötigte Wolle ausgelegt.

Nun wird die Wolle mit Seifenlauge besprenkelt. Wie viel Seife in die Lauge gehört, hängt vom Härtegrad des Wassers ab. 1 EL Olivenseifenflocken auf 1 Liter Wasser soll ein guter Richtwert sein. Ich arbeite zu Beginn fast immer ohne Lauge. Ich finde es besser, nicht gleich zuviel Wasser auf die Wolle zu geben. Nachnehmen kann man immer noch. Dann das Fliegengitter darauf, damit die Wolle sich nicht verschiebt und nun vorsichtig (!) die befeuchtete Wolle andrücken. Danach wird in ganz vorsichtigen kleinen Kreisbewegungen über die Wolle gerieben, bis sie sich allmählich verfestigt. Später darf man dann auch sehr kräftig reiben. Und zu guter Letzt dürfen Sie sich nach Herzenslust austoben!

Walken der Wolle

Es gibt viele Wege die Wolle zum Filz zu machen. Keiner davon ist richtig oder falsch. Finden Sie Ihren Favouriten. Wenn die Wolle schon recht fest gerieben ist und man nichts mehr abzupfen könnte, beginnen wir mit dem Walken. Dazu können Sie ein Ikea-Bambusrollo oder ein Frotteehandtuch nehmen. Sie können auch einfach die beliebte Wurf- und Würgtechnik einsetzen und die Wolle nach Herzenslust mit den Händen kneten, so wie es Ihnen die Kinder rechts in den Videos vormachen!

Alternativ legen Sie das Werkstück entweder auf die genannten Dinge oder auf die Noppenfolie und rollen es ein. Befestigen Sie die Rolle mit Gummibändern und dann geht es los. Wenn Ihnen jemand hilft, können Sie die Rolle spielerisch von einer Tischseite zur nächsten schubsen und zurück. Sind sie alleine, nehmen Sie eine rückenschonende Stellung ein und bewegen Sie die Rolle mit den Unterarmen hin und her. Mit der Zeit werden Sie immer fester. Schauen Sie gelegentlich nach, wie weit der Filz schon geschrumpft ist und legen Sie das Werkstück in einer anderen Richtung in die Rolle, damit die Schrumpfung gleichmäßig vonstatten geht.

Alles klar? Wenn Sie nun lang genug gewalkt haben wird die ursprünglich ausgelegte Fläche um 30 bis 50 % schrumpfen und dabei zum Filz. Dünne Flächen schrumpfen schneller als dicker ausgelegte. Auch die Wahl der Wolle spielt eine Rolle dabei.
Bevor Sie loslegen, sollten Sie also besser eine Probe machen ähnlich wie die Maschenprobe beim Stricken!
Und nun wünsche ich Ihnen viel Spaß!


Das Filz-ABC

A wie Aller Anfang ist leicht: Filzen kann wirklich jeder. Es reicht, wenn Sie lange genug auf nasser Wolle herumtrampeln oder einen Pulli ins falsche Waschprogramm werfen. Wie geschickt Sie dann später werden ist eine Frage der regelmäßigen Praxis.

B bloß nicht!: Außer beim Schnüre-Filzen bitte niemals mit feuchten seifigen Fingern in die frische Wolle packen. Erst wenn sie dort liegt, wo sie liegen soll, machen wir sie nass und bearbeiten sie mit seifigen Fingern.

C wie Camouflagetechnik: Sie filzen etwas ein, z.B. eine Münze und legen das Feld später wieder frei. Wenn Sie verschiedene Farbschichten verwendet haben, so wird nun der Fleck leicht vertieft und in einer anderen Farbe erscheinen als die Oberfläche.

D wie Danke: Ich habe im Laufe von über 10 Jahren so viele tolle Filzer getroffen und manch einer, der bei mir gelernt hat, hat mir andere Dinge beigebracht. Insbesondere möchte ich Helga und Birgit danken, die viele meiner manchmal komplizierten Entwürfe mit sicherem Gespür für Alltagstauglichkeit für den Unterricht in der OGS modifiziert haben und mir über viele Jahre treu zur Seite standen.

E wie Essig: Die meisten Filzer spülen ihr fertiges Filzergebnis zuletzt in Essig, um evt. Seifenrückstände zu neutralisieren und den PH-Wert der Wolle wieder etwas ins Saure zu bewegen.

F wie Flusen: Sie kennen das vom Wollpulli: mit der Zeit entstehen auf der Oberfläche Flusen. Bitte niemals herausziehen, sondern mit der Schere abschneiden oder mit entsprechendem Gerät, das zum Entpillen der Pullover geeignet ist.

G wie Geburtstag: Auch erwachsene Geburtstagskinder haben großen Spaß an unseren Filzworkshops.

H wie heißes Wasser: In der Szene diskutiert man sich die Köpfe heiß, ob für das Filzen nun heißes Wasser notwendig sei oder nicht. Fakt ist: an vielen Schulen habe ich kein heißes Wasser und es geht doch…

J wie Jammern: Können Sie gerne machen. Ich werde mit Ihnen zusammen leiden – der Filz hingegen nicht. Der zwingt uns einfach weiterzumachen.

K wie Kammzug: eine gängige Darreichungsform von Wolle in verschiedensten Qualitäten. Alle Haare liegen parallel – eine Schnur aus Kammzug wird überall die gleiche Dicke haben, weshalb man sie so viel leichter herstellen kann als aus Vlies. Kammzug muss für die Fläche im 90 Grad-Winkel ausgelegt werden, mindestens 2 Schichten.

L wie Lauge: Auch hier scheiden sich die Geister. Viele rühren eine Lauge an, bevor sie starten. In der Filzschule aki n. tun wir das nur, wenn wir mit ungefärbter und noch stark fetthaltiger Wolle arbeiten. Ansonsten reicht klares Wasser. Die Seife kommt dann während des Arbeitsprozess hinzu.

M wie Malerfolie: vgl. P wie Plastikfolie

N wie Noppenfolie: Noppenfolien gibt es in verschiedenen Stärken. Grundsätzlich sind die stärkeren Folien zum Filzen besser geeignet und langlebiger. Man nimmt sie als Unterlage oder als Schablonenmaterial. Zum Trocknen sollte man sie offen lassen, da Seifenrückstände sonst schnell zu Schimmel führen.

O wie Olivenseife: Es gibt keinen Markenschutz für Olivenseife. Greifen Sie sicherheitshalber zum Original: Savon de Marseille in 300g- und 600g-Blöcken. Diese ist hautfreundlich, rückfettend und die Würfelform hilft oft beim Filzen.

P wie Plastikfolie: Die in Japan beheimatete Amerikanerin Jorie Johnson will sie ins Filzen eingeführt haben. Mit Malerfolie beispielsweise können Sie eine hauchdünn ausgelegte Filzfläche fixieren, bevor Sie mit dem Walken beginnen. Noppenfolie ist ein gängiges Schablonenmaterial und mit großer Amerikanischer Noppenfolie kann man wunderbare luftige Schals und sonstige Gitterstrukturen auslegen.

Q wie Quäl dich: Ganz am Ende des Filzens von größeren Projekten kann es für beide schon einmal anstrengend werden: Filzer wie Material. Die Erfahrung zeigt aber, wenn die Wolle noch nicht wie vorgesehen geschrumpft ist, dann hilft nur weitermachen! Hilfreich kann es sein, zwischendurch einmal alles antrocknen zu lassen und dann neu zu beginnen.

R wie Reibetechnik: Reibt man den Filz für lange Zeit, so hat man ein Maximum an Kontrolle über das Filzergebnis. Geht man sehr früh zum Walken über, so kann es geschehen, dass sich unliebsame Falten bilden oder an den Rändern eines Hohlkörpers Wülste bilden, denen man frühzeitig entgegengehen muss.

S wie Stopfwolle: schlecht filzende Wollqualität, mit der man zum Beispiel ein gefilztes Kissen ausstopfen kann. Alternativ geht auch Kapok, ein pflanzliches Material, mit dem u.a. Matratzen gestopft werden.

T wie Tsunamifilzen: So bezeichne ich die Angewohnheit mancher Kollegen mit extrem viel Wasser zu arbeiten und dabei das ganze Atelier unter Wasser zu setzen. Wer ein solches hat mag glücklich sein, aber die meisten von Ihnen werden eher am Küchentisch arbeiten. Wie Sie mit wenig Wassereinsatz zum Ziel kommen, habe ich 2013 in meinem Filzbuch beschrieben.

U wie unheimlicher Spaß: Wenn Sie nur gemeinsam in geselliger Runde filzen und klönen möchten, dann lässt sich ein solcher Kurs einrichten. Wenn Sie einen Workshop buchen, dann wird ergebnisorientiert gearbeitet und die Tasse Kaffee ist das Zückerchen obendrauf. Der unheimliche Spaß stellt sich aber dennoch meist schon beim Filzen ein, ereilt aber auch den letzten Teilnehmer  spätestens dann, wenn er stolz sein fertiges Ergebnis vor sich in den Händen hält. Filzen kann Arbeit bedeuten, aber wie glücklich es macht, sehen Sie auf dieser Seite in zahlreichen Beispielen.

V wie Vlieswolle: Die Haare in Vlieswolle haben keine Richtung, daher kann man ihn wunderbar für komplizierte Schablonen nutzen. Ich bevorzuge Vlieswolle, auch wenn die Lagerkapazitäten schneller ausgenutzt sind als bei Kammzug. Vlieswolle gibt es von grob bis extrem fein. Es wird lediglich eine Darreichungsform bezeichnet.

W wie Weitermachen: Bruno Bujack, das Urgestein der Filzerszene ermahnte uns immer wieder: “Wenn Ihr glaubt, dass Ihr fertig seid – dann filzt noch einmal 2 Stunden. Danach seid ihr fertig!” W könnte natürlich auch für Walken stehen, was letztendlich auf das gleiche hinausläuft!

X wie die große Unbekannte: Bewahren Sie sich die Freiheit, dass etwas ganz Anderes entstehen darf, als Sie ursprünglich geplant haben. Einige meiner besten Werke sind so entstanden.

Y wie eine kaputte Filznadel: Filznadeln sind zum Trockenfilzen geeignet. Sie sind aber auch ein gutes Arbeitsgerät, wenn man zwischendurch etwas Reparieren möchte, das nicht gut anfilzt oder wenn man zuletzt noch ein leuchtendes Motiv auf die Filzfläche aufbringen möchte.

Z wie Zauber des Anfangs: Als man mir das erste Mal einen Filzkurs anbot, habe ich dankend abgelehnt. Zu viele Vorurteile über kratzige Wolle und viel zu wenig Ahnung haben mich noch Jahre von der Entdeckung meines Lebens abgehalten. Als ich dann zum ersten Mal mit Merinowolle selbst gefilzt habe, hat es mich so gepackt, dass ich nicht mehr aufhören wollte…probieren Sie es aus, um sich selbst eine Meinung zu bilden. Oft kommt es anders, als man denkt!